Brief von General Juin an General John T. Lewis

PRESIDENCE DU GOUVERNEMENT PROVISOIRE

DE LA REPUBLIQUE FRANCAISE

 ETAT-MAJOR GENERAL DE LA DEFENSE

NATIONALE.

 

4ème Section                                                            PARIS, le 11 Octobre 1945.

 

No 1934 DN/4

 

         Le Général d'Armée JUIN

        Chef d'Etat-Maj or Général

de la Défense Nationale

 à 

Monsieur le Général JOHN T. LEWIS,

Betreff:  Kriegsgefangene. Bezüglich: Ihr Schreiben vom 1. Oktober 1945

I - In Ihrem Schreiben vom 1. Oktober 1945 informierten Sie mich über die Sorgen des Kommandierenden Generals der Amerikanischen Streitkräfte in Europa betreffend des Zustandes der Deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand und Sie weisen auf Maßnahmen hin, die Nötig scheinen die Situation zu ändern.

II - Wenn die amerikanische Seite, im Interesse der menschlichen Sorge, beansprucht eine moralische Verantwortung zu haben betreffend der Kriegsgefangenen, die von der amerikanischen Armee in französische Gewalt übergeben wurden, die französische Regierung ist ebenso fest Entschlossen die deutschen Kriegsgefangenen, welche sich in ihren Händen befinden, gemäß dem Genfer Abkommen zu behandeln. Frankreich hat zu viel Leid in den letzten zwei Kriegen erlitten um nicht zu verstehen, dass jede unmenschliche Behandlung von Gefangenen in ihrer Obhut konträr zu ihren moralischen Prinzipien wäre und ebenso niemals aufhörte das Vorbild für einen dauerhaften europäischen Frieden einzusetzen welches das Grundanliegen der französischen Regierung ist.

III. - Es ist unglücklicherweise wahr, dass eine große Anzahl von Kriegsgefangenen in französischer Hand augenblicklich in einem Gesundheitszustand sind, der es ihnen unmöglich macht Arbeit verrichten zu können. Diese Situation ist teilweise die Konsequenz der Zustände, in welchen wir die Kriegsgefangenen vorfanden, nachdem sie von amerikanischem in französischem Gewahrsam übergeben wurden. Dies war schon Thema verschiedener Mitteilungen, mündlich wie auch schriftlich, zwischen den französischen und amerikanischen Verantwortlichen zu diesem Thema.

Ich nehme nur den kürzlich erfolgten Transfer von 166.000 Gefangenen als Beispiel, die an Frankreich übergeben wurden als die französische Besatzungszone erweitert wurde. Zwei drittel dieser Gefangenen waren arbeitsunfähig bedingt durch ihren physischen Zustand.

Ich zitiere folgenden Auszug aus einem Report vom 05. August 1945 an den Supreme General Commander der französischen Besatzungstruppen:

"Bestimmte Personen (mehr als hundert) die mir im Lager HECHSTEIN gezeigt wurden, hatten noch heute solch eine unterernährte physische Erscheinung das man sie mit den abgemagerten Insassen von BUCHENWALD und DACHAU vergleichen kann. Die Gefangenen leben in selbstgemachten Unterständen, manchmal nur einem Loch in der Erde. Die Gefangenenkleidung ist in schlechtem Zustand und Decken sind nicht mehr vorhanden als eine pro Kopf."

IV. - Die französische Regierung sieht ihre Aufgabe nicht darin herauszufinden welche Seite verantwortlich für die gegenwärtige Situation ist: Es ist selbstverständlich Maßnahmen zu ergreifen die Situation zu verändern.

a) - Auf der französisch-amerikanischen Konferenz vom 22. September, dessen Ergebnisse im französisch-amerikanischem Vertrag am 24. September ratifiziert wurden, haben die französischen Abgesandten verlangt und anschließend auch erlangt, dass zukünftig französisch-amerikanische medizinische Kommissionen die Kriegsgefangenen vor dem Transfer untersuchen, so dass wir keine Männer mehr geliefert bekommen die nicht arbeitsfähig sind.

b) - Die französischen Verwaltungen hatten ausdrücklich auf der Versammlung am 30. Juni darum gebeten gebeten das die deutsche Wirtschaft, oder wenn das nicht gelingt die amerikanische Wirtschaft, einen Teil der Last übernimmt die Gefangenen in französischer Hand zu versorgen. Dieser Bitte wurde nicht zufriedenstellend gefolgt. Nichts desto trotz hat die französische Regierung entschieden, dass die deutschen Kriegsgefangenen die selben Rationen erhalten (mit Ausnahme von Wein und Kaffee) wie die Franzosen mit der selben Arbeit. Ein Rundschreiben vom 01. September hat die Instruktionen zu diesem Thema nochmals erneuert.

In der Tat erhalten die deutschen Gefangenen die selben Rationen wie die französische Bevölkerung. Als Ergebnis waren wir in der Lage festzustellen, dass eine deutliche Besserung der physischen Zustände bei den Kriegsgefangen eintrat seit sie in französische Hand sind. Überdies hat das Internationale Rote Kreuz die Mittel, um die notwendige Nachprüfung durchzuführen. Die Versorgung, die im vorangegangenen Absatz  angesprochen wurde, kann somit als gelöst betrachtet werden. Es ist selbstverständlich das jegliche Hilfe seitens der amerikanischen Seite die Situation weiterhin verbessern würde. 

c) - In einer weiteren Verbindung, der Kleiderfrage, sind die französischen Stellen noch immer ernsthaft bemüht. Auf dem Treffen am 22. September wurden die amerikanische Offiziellen von den französischen Vertretern mit größter Betonung auf die Schwere der Situation hingewiesen, die für die Kriegsgefangenen entsteht, wenn sie mit ungenügend Kleidung und Decken vor dem anstehenden Winter ausgestattet werden.

Es war somit in dem französisch-amerikanischem Vertrag formell festgesetzt das "Die übergebenen Gefangenen für den Wiederaufbau außerhalb Deutschlands von den amerikanischen Behörden mit Kleidung in gutem Zustand ausgestattet werden bestehen aus Unterwäsche, Oberbekleidung, Schuhe, ein oder zwei Decken und einem Mantel.

Die französische Regierung ist in der Lage zu belegen das es den Kriegsgefangenen die sich zu diesem Zeitpunkt in französischer Hand befinden schon bei der Gefangennahme durch die französische Armee oder bei dem Transfer in französische Hand an Kleidung mangelte und zu keinem Zeitpunkt, außer in Ausnahmefällen bei Sanktionen, irgendwelche Konfiszierungen stattfanden zum Vorteil der französischen Wirtschaft und zum Nachteil der Kriegsgefangenen in unseren Händen.   

Ein spezielles Treffen der betreffenden Ministerien und General KOENIG, zusammengerufen und unter dem Vorsitz von General de GAULLE, hat beschlossen das die französische Besatzungsmacht in Deutschland augenblicklich eine Sammlung von Decken in der französischen Zone durchführen wird, ein Postwesen zwischen den Familien in der französischen Besatzungszone und ihren Gefangenen in Frankreich aufbaut und alles versucht was in ihrer Macht ist um die verantwortlichen Amerikanischen und Britischen Generäle dazu zu bringen so schnell wie möglich vergleichbare Maßnahmen zu ergreifen.

d) - Unsere Menschenachtung und der Wunsch, die französische Wirtschaft nicht mit kranken und arbeitsunfähigen Gefangenen zu belasten, hat uns dazu bewegt ihre Rückführung nach Deutschland zu beschleunigen. Ein Repatriierungsplan wird in Kürze, auf jeden Fall noch vor dem harten Winter, für alle arbeitsunfähigen die wir in unserem Gewahrsam vorfanden in Kraft treten. Die französische Regierung ist erfreut eine positive Antwort geben zu können auf den Antrag der amerikanischen Seite, in dem sie sich entschieden haben um sofort die Last dieser arbeitsunfähigen wieder zu übernehmen.

Ich bin nicht in der Lage um sofort die genaue Zahl angeben zu können die von dem Transfer betroffen sind. Überdies scheint es mir voreilig um von einer Zahl von 200.000 auszugehen wie in Ihrer Mitteilung vom 01. Oktober. 

V. - Die französische Regierung ist erstaunt über die Informationen die Ihre Mitteilung vom 29. September enthielten, bezüglich des sofortigen Stops aller Transfers deutscher Gefangener nach Frankreich.

Diese Entscheidung erscheint umso überraschender betrachtet man die Tatsache das im Verlauf der Verhandlungen vom 22. September zwischen den französischen und amerikanischen Verantwortlichen die verschiedenen Schwierigkeiten zur Genüge ausgeführt wurden. Laut der Vereinbarung, die am 24. September verabschiedet wurde, bekräftigt die amerikanische Seite gemäß ihrer Zusicherung nicht nur die 600.000 Mann zu liefern, die noch in französische Hand übergeben werden sollen, sondern darüber hinaus alle Anstrengungen unternommen werden um uns weitere 500.000 zu liefern. Unter diesen Umständen ersucht die französische Regierung das der kommandierende General der USFET in Frankreich, unter Berücksichtigjung vorangehender Argumente aus dem französisch-amerikanischem Vertrag  vom 24. September und dem hohen Bedarfs im französischen Wiederaufbau, bitte seine Entscheidung, mit welcher sich die Französische Regierung nicht einverstanden erklärt, nochmals überprüft.

                                                                                                            Unterschrift: JUIN

                  

P.A . le Lt-Colonel
MORAILLON
Chef de la 4ème Section,

Unterschrift : MORAILLON

Source: http://home.arcor.de/kriegsgefangene